Das „Arme-Leute-Haus“ wurde lt. taggenauer Torinschrift am 18.03.1823 aufgerichtet. Der Zimmermann hatte das auf seinem Platz vorgefertigte Fachwerkgerüst vermutlich an einem Tag aufstellen können.

Es umfasste bauzeitlich auf ca. 50 qm eine Durchfahrtdiele, einen kleinen Stallraum für eine Ziege oder ein Schwein sowie eine kleine Kammer. Um 1900 wurde eine Traufwand massiv ersetzt und zwei Räume wurden am Gartengiebel angefügt. Eine wirtschaftliche Unabhängigkeit des „Neubauern“ (Kauf- und Bauurkunde) konnte der Eigentümer nicht erreichen und blieb auf Arbeiten beim Bauern und Nebentätigkeiten wie Korbflechten, Schusterarbeiten und den „Hollandgang“ im Sommer angewiesen. Er fuhr auf holländischen Schiffen als sog. „Heringsfänger“ zur See. Die hiesige Region hatte eine Tradition des Heringsfangs, wenngleich sie weit im Binnenland an der Weser gelegen ist.

Das kleine Gebäude an der das Dorf zur Weseraue hin begrenzenden Straße „Uenner den Wie’n“ stand lange Jahre leer, bevor es der jetzige Eigentümer 1993 erwerben konnte. Der Ausbau zu einer Psychotherapie-/Arztpraxis erfolgte im Rahmen des Denkmalschutzes. Die Umnutzung ermöglichte sogar die Wiederherstellung der historischen Raumstruktur. Der Heuboden wurde für zwei Gesprächsräume hinzugewonnen.

Über durchaus bemerkenswerte Ereignisse in der Geschichte des kleinen Gebäudes wurde im Holznagel 06/2021 ausführlich berichtet.

Alfons Rolf Bense