Natürlich folgten wieder viele anstrengende Jahre der Sanierung, bzw. des Wohnens auf einer Baustelle. Unsere Kinder, zwischenzeitlich waren noch Leonie und Emilia geboren, verbrachten ihre Kindheit zwischen Bauschutt und Provisorien und sie machen heute nicht den Eindruck, dass sie daran Schaden genommen haben. Stattdessen durften sie eine Kindheit mit allen Freiheiten, die das Landleben mit sich bringt, genießen. Zwischenzeitlich sind die Kinder weitgehend ausgeflogen, und gemäß dem Spruch, die letzten Kinder haben Fell, beleben zwei Tierschutzhunde das Anwesen. Zum Haus gehört auch ein Nutzgarten, wie in Franken üblich, nicht direkt am Haus gelegen. Darin bauen wir unser Gemüse an, allerdings zur Selbstversorgung im Sinne von John Seymour reicht es nicht!
Seit 2006 bin ich Mitglied in der
Interessengemeinschaft Bauernhaus. Ich schätze und genieße das geradezu
familiäre Zusammensein mit anderen IgB-lern sehr. Die Liebe zu alten
Häusern verbindet!! Als ich 2013 gefragt wurde, ob ich mir vorstellen
könnte, Heinz Riepshoff als 1. stellvertretenden Vorsitzenden der IgB zu
beerben, fühlte ich mich sehr geehrt. Ich habe mir damals die
Entscheidung nicht leicht gemacht und bin heute aber froh, diese
spannende und bereichernde Herausforderung angenommen zu haben.
Dieses Hobby hat
dann für einige Jahre den Mittelpunkt meiner Freizeitaktivitäten
gebildet. Mit Fertigstellung einer heimischen Werkstatt mit kleiner
integrierter Schmiede sind die baulichen Interessen damals etwas in den
Hintergrund gerückt. Erst nachdem ich mich ein paar Jahre lang durch
berufliche Auswärtstätigkeit an den Nachteilen des Lebens in stählernen
Beton-Neubauwohnungen erfreuen durfte, ist der Wunsch nach einem eigenen
Hof mit historischem Wohnhaus und ausreichend Platz für das
Oldtimer-Hobby gewachsen. Zudem vermisste ich immer mehr die vielen
schönen Facetten des Lebens auf dem Land.
Vor drei Jahren, genau
zu meinem 30. Geburtstag, unterschrieb ich also den Kaufvertrag für ein
Wohnhaus von 1896 nebst einiger großzügiger Hofgebäude im Nachbardorf
meiner Kindheit. Seitdem sind die baulichen Aktivitäten in Form von
Sanierungsarbeiten an den Hofgebäuden wieder deutlich in den Vordergrund
gerückt und haben das Interesse an den handwerklichen Tätigkeiten
vertieft. Natürlich gehören das Jagen, Sammeln und Horten von
Baumaterial zu einer weiteren Ausprägung dieser Freizeitbeschäftigung.
Die eigene Mitgliedschaft in der IgB war der nächste logische Schritt.
Das Interesse an Landtechnik hat maßgeblich zur Studienwahl Maschinenbau
beigetragen und auch die ersten beruflichen Stationen bei mehreren
Landtechnik-Herstellern geprägt. Während dieser Zeit habe ich ein
Aufbaustudium in Betriebswirtschaftslehre absolviert und konnte das
Thema der Masterarbeit eigeninitiativ nutzbringend wählen: Erwerb,
Sanierung und Betrieb meiner Resthofimmobilie habe ich anhand eines
Modells der dynamischen Investitionsrechnung wissenschaftlich, aber
dennoch praxisorientiert, analysiert. Selbstverständlich sind Module wie
Buchhaltung, Kostenrechnung und Finanzierung Bestandteil des Studiums
gewesen, sodass ich über das notwendige Grundwissen zur Ausübung des
Schatzmeister-Amtes verfüge.
Das Abitur an einem humanistischen (denkmalgeschützten)
Gymnasium, wie auch das Studium der Volkskunde und Neueren/Neuesten
Geschichte in Freiburg und Basel waren prägend für meine Haltungen
zu Wertschätzung, Nachhaltigkeit und Bewahren. Studienschwerpunkt
war die Alltagskulturforschung, das Interesse am Hausbau und Handwerk
wurde eher durch meine Nebenjobs im Studium geweckt. Die Mitarbeit in
einer Autowerkstatt, einer Schreinerei und einem Architekturbüro
begeisterten mich und waren ein wunderbarer Ausgleich zum
kopflastigen Studium. Mein weiterer berufliche Werdegang ist geprägt
von Aufgaben in der Beratung und im Projektmanagement rund um das
Thema Bildung und Beruf. Daher rührt auch die Freude am Schreiben
von Protokollen, die den Arbeitsalltag erleichtern können.
In den Besitz eines historischen Dreiseithofes zu gelangen, und
damit nach etwa 15 Jahren wieder zurück nach Eichstetten zu kehren,
war Zufall. Meine Eltern hatten das Anwesen aus steuerlichen Gründen
und Nostalgie Anfang der 90er-Jahre erworben, sich jedoch nie zu
einer Sanierung entschließen können. Als das Ensemble schuldenfrei
war, stand der Verkauf an. Mir erschien es wertsteigernd, das
aufzuräumen, was sich über die Jahre auf dem 550 m² großen
Grundstück angesammelt hatte. Die Atmosphäre des Hauses von 1898
ließ mich jedoch schwach werden, und so überschrieben mir meine
Eltern 2004 das sogenannte Loch Becks mit den Gebäuden aus der Zeit
von 1741 bis 1898. Den Namen verdankt das Anwesen der Lage am
sogenannten Loch, einem markanten Straßenabzweig. Das Becks
erinnert daran, dass hier in der Zeit von ca. 1856–1935 eine der
örtlichen Bäckereien war, zunächst als jüdische Bäckerei, von
1893 an christlich. Weitere Gewerbetreibende der letzten 100 Jahre
in Loch Becks waren ein Spezereiwarenladen, eine Strickerin, eine
Näherin und ein Friseur.
Mittlerweile sind die beiden Häuser in drei Bauabschnitten
fertig gestellt, nun stehen noch die Restaurierungen der Scheunen,
des Bäckereiofens und des Innenhofes an. Begonnen wurde die
Sanierung ohne Kontakt zu den Bau- oder Denkmalbehörden. Es war
überliefert, dass die Denkmaleigenschaft aufgrund des desolaten
Zustands entwidmet sei. Meine Herangehensweise bei der Sanierung
erfolgte rein intuitiv: Veränderungen aus den 70er-Jahren wurden
rückgebaut, orientiert wurde sich am Original unter Verwendung
nachhaltiger Materialien wie Lehm und Holz. Die Dachdeckung erfolgte
mit historischen Ziegeln.
Denkmalschutz bedeutete für mich eine Art Gütesiegel für
Originalität, Rekonstruktion und Authentizität, wie auch eine
offizielle Schutzfunktion für Gebäude. Mit dieser Haltung ging ich
im Herbst 2013 nach der Fertigstellung des Hauses von 1898 auf die
Denkmalbehörde zu und bat darum, die Denkmaleigenschaft erneut zu
prüfen. Infolgedessen wurde das Anwesen in der Sachgesamtheit unter
Schutz gestellt. Es war der Grundstein für eine konstruktive
Zusammenarbeit mit den Denkmalbehörden bis heute. Durch den
schlechten baulichen Zustand des Anwesens war bei der Übernahme
nicht absehbar, ob die Sanierung des gesamten Anwesens mit den vier
Gebäuden gelingen könnte und finanziell zu schultern sei. Von
Anfang an war es mein Wunsch, aus Kostengründen und dem Bedürfnis
nach Ausgleich zu meinen beruflichen Aufgaben, möglichst viel
Eigenleistung in die Bauphasen einzubringen.
Viele IgB-Mitglieder werden die wenig motivierenden Hinweise aus
dem Umfeld wie „das schaffst Du ja nie“ zur Genüge kennen. Umso
mehr braucht es gerade in diesen Zeiten Menschen mit Fachkenntnis
und Wertschätzung, die zum Gelingen beitragen. Dazu gehörte auch
die von einem IgB-Mitglied ausgeliehene Ausgabe des Holznagels. So
kam es zum Kontakt mit Christoph Freudenberger von der regionalen
Kontaktstelle, der mich nicht nur immer wieder beraten, sondern auch
mental bestärkt hat.
Herausforderung und Glück war es außerdem, geeignete
Handwerksbetriebe zu finden, die bereit waren, sich auf die alte
Substanz, den behutsamen Umgang damit und die zu Beginn junge
Bauherrin einzulassen. Es war beeindruckend, dass mich fast alle
Unternehmen mit meinem Wunsch nach Eigenleistung in ihre Gewerke
eingebunden haben. Dafür bin ich sehr dankbar. „Du machst das,
weil Du musst“ war ein weiteres Zitat, was mir häufig mit
Anspielung auf den Denkmalschutz zu Ohren kam. Das brachte mich dazu,
mein Anwesen am Tag des offenen Denkmals zu öffnen, um zu zeigen,
dass Denkmalschutz keine Last ist. Dies hat nicht nur viele positive
Begegnungen zur Folge, sondern auch Veröffentlichungen in den Medien
und die Anfragen von Interessierten und Eigentümern alter Häuser
aus der Region. In diesem Sinne ist es mir eine Freude, mich in die
sinnvolle Arbeit der IgB als Schriftführerin einbringen zu dürfen.
Christiane Möller, Dezember 2022