Bodenständige Bauten sind aus der Landschaft heraus gewachsen. Ihre Lage in der Örtlichkeit, ihre Bauformen, ihre Materialien sind ein Spiegel der jeweiligen Landschaft. Wir erkennen einen Landschaftstyp mit seinen spezifischen Bauweisen. Die Menschen haben mit der Nutzung der Landschaft in Jahrhunderten optimierte Bewirtschaftungsformen für das Bauen und die Gestaltung ihrer Landschaften gefunden. Unter Betrachtung der besonderen klimatischen, geologisch-bodenkundlichen, vegetationskundlichen und sozialen Grundlagen sind ökologisch nachhaltige Lebensformen entstanden. Diese Zusammenhänge vom Bauen in der Landschaft zu erforschen und zu verstehen ist ein sehr spannendes Feld. Mit dieser Sichtweise betrachten wir nicht nur das einzelne schöne alte Haus, das es zu erhalten gilt. Wir stellen es vielmehr in einen Gesamtkontext, finden andere ähnlich gestaltete Bauten, stellen ihre Verzahnung mit der Landschaft fest und beschreiben sie schlechthin als „Kulturlandschaft“. Der Anblick solcher Landschaften ist von besonderem Reiz, vielfach in der Literatur beschrieben. Den Aufenthalt in diesen Landschaften nutzen wir gerne für Entspannung und Erholung. „Eine Harmonie von Bauform und Landschaft zu erleben, ist uns trotz rascher Verstädterung der Dörfer noch immer in vielen Erdgegenden vergönnt“1.
Ein Haus zu erhalten ist schwierig, eine Gruppe von Häusern zu erhalten ist schwieriger, die typische Landschaftsprägung zu erhalten ist noch viel schwieriger. Der Erhaltung meist kleinteiliger typischer Landschaften stehen die großräumigen Interessen einer industrialisierten Agrarwirtschaft entgegen. Hier hilft oft nicht einmal der Landschaftsschutz, denn die „ordnungsgemäße Landwirtschaft“ ist dem Interesse der Landschaftserhaltung im Zweifel übergeordnet.
Für die Erhaltung von regionaltypischen Landschaften, die sowohl die schutzwürdigen natürlichen Landschaftsformen wie auch ihre bebauten Bestandteile enthalten, gibt es in Deutschland bisher nur wenige offizielle Stellen. Beispiele wie das westfälische Amt für Landschafts- und Baukultur sind kleinen Einzelinitiativen zu verdanken2. Die Natur- und Landschaftsschützer bewegen sich weitgehend im unbebauten Raum. Somit gehört die bebaute Landschaft nicht zum Aufgabenbereich.
Im Denkmalschutz kommen nur die Bauten in Betracht. Somit gehört die umgebende Landschaft nicht zum Aufgabenbereich. Letzten Endes geht es beim Denkmalschutz vorrangig darum, beispielhafte Gebäude unter Schutz zu stellen, gegebenenfalls eine Hofstelle oder einen Dorfbereich als Ensembleschutz. Das außergewöhnliche Vorhandensein einer großen Anzahl von historischen Bauernhäusern ist selten anerkanntes Erhaltungsziel3. Die nähere oder weitere gärtnerische Umgebung der ländlichen historischen Gebäude kommt kaum in Betracht.
Was aber ist ein Spreewaldhaus ohne die kleinteilige Flusslandschaft, in die es eingebettet ist? Was ist ein bergisches Haus ohne die regenreiche Mittelgebirgslandschaft, in der es sitzt?
Die
riesigen Höfe im Altenburger Land, ein Schwarzwaldhaus …... Jedem fällt
etwas dazu ein. Natürliche Landschaftselemente wie Hofbaum,
Streuobstwiese, Hecke oder Kopfweide gehören untrennbar zu unseren
Erinnerungsbildern dazu. „Profane“ Gebäude und ihre Landschaften
besitzen keinen hohen Stellenwert in der öffentlichen Diskussion. Es
gibt hierfür keine berühmten Architekten, keine bekannten Baumeister und
Gestalter. Es gibt nur selten Schriftstücke über die Hintergründe der
Gestaltungen. Jedoch gerade in ihrem historischen und
räumlich-geografischen Kontext betrachtet, hat deren Erhaltung einen
unermesslichen Wert als „Bilder- und Lesebuch“ für zukünftige
Entwicklungen.
Das Bewahren von historischen Nutzungsformen und
Arbeitsweisen und daraus zu lernen, hilft uns Zukünftiges besser und
nachhaltiger zu gestalten und diese Gestaltungen an moderne Ansprüche
anzupassen.
Während der Klausurtagung des IgB-Vortandes im Januar
2010 diskutierten wir die Abgrenzung unseres Aufgabenbereichs zu anderen
Denkmalschutzbereichen. Nach meiner Vorstellung ist genau das die
Abgrenzung: Die aus der jeweiligen geografischen Örtlichkeit heraus
entwickelte bodenständige Bau- und Landschaftskultur; enthalten sind
dabei Einzelgehöfte und Streusiedlungen, Dörfer und Kleinstädte mit
ihren unterschiedlichen Baulichkeiten.
Aus meiner Sicht gehört das
Thema „Kulturlandschaft“ unbedingt in die IgBauernhaus. Ich wünsche mir
eine breite Beteiligung. Das Feld ist vielfältig und weit. Mit dem
Engagement von vielen aus den Reihen der IgB sowie mit Kontakten
außerhalb der IgB können wir daraus etwas für die IgB machen. Experten
sind wir alle, die wir sehen und verstehen.
Gabriele Höppner, IgB AG Kulturlandschaft
1) ELLENBERG, Heinz, Bauernhaus und Landschaft, Ulmer Verlag, Stuttgart, 1990
2) Westfälisches Amt für Landschafts- und Baukultur in Münster (Darius Djahanscha)
3)
Veranstaltung der IgB-Außenstelle Spreewald im Januar 2008 mit Prof.
Karg, Landeskonservator und anderen Vertretern des Brandenburgischen
Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie