Niedersachsen
Baudenkmal Gulfhaus, Groß Schulenburgerpolder
Norden
Baujahr: Wohnhaus 1859
Beim Gulfhof Großschulenburger Polder handelt es sich um ein als Einzeldenkmal geschütztes Gebäude bestehend aus Wohngebäude (Vorderende) und Scheune mit Stallungen (Hinterende).
Die ursprüngliche Grundriss-Struktur des Wohnhauses ist noch gut erhalten. Der Scheunentrakt weist ebenfalls eine dem Alter entsprechend gute Substanz auf.
Durch Nutzung über Generationen wurden im vergangenen 20. Jahrhundert verschiedene bauliche Veränderungen vor allem im Wohnhaus und Karnhus vorgenommen.
Das Wohnhaus ist auf das Baujahr 1859 datiert und der Hof ist Teil des Groß Schulenburgerpolders.
Durch die Eindeichung Richtung Westen entstand der Groß Schulenburgerpolders, was auf das Jahr 1774 datiert werden kann. Namensgeber ist der Minister von der Schulenburg. Es wurden 4 weitere Höfe in ähnlicher Größe rund um 1850 im Polder errichtet.
Aus gesundheitlichen Gründen waren die Vorbesitzer gezwungen, den Hof aufgeben, der sich bis dahin durchgängig im Familienbesitz befand. Die dazu gehörenden landwirtschaftlichen Flächen sind einem anderen Betrieb zugeschlagen und werden weiterhin durch die Familien bewirtschaftet. Es wird überwiegend Getreide wie Weizen und Gerste angebaut. Der Marschboden verfügt über eine sehr hohe Bodenqualität.
Für eine moderne landwirtschaftliche Nutzung mit Viehwirtschaft oder Ackerbau ist der Gulfhof nicht mehr geeignet.
Durch persönlichen Kontakt zum Vorbesitzer konnte Jan Keydel den Gebäudekomplex übernehmen. Jan Keydel hat bereits zahlreiche Erfahrungen mit der Sanierung des Gulfhauses Klein-Schulenburgerpolder sammeln können. Dieser Hof befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft.
Gemeinsam mit einem engagierten Team der Architektinnen Idiko Frels, Steffi Domnick und Ulrike Adams sowie zahlreicher erfahrenen Handwerker aus der Region konnte das Projekt realisiert werden.
Das Gebäude wird durch den denkmalschutzgerechten Umbau zu 4 Ferienwohnungen umgenutzt. Mit Hilfe des Ertrags aus der Vermietung der Ferienwohnungen kann das Hofgebäude in Gesamtheit langfristig erhalten werden.
Gerade der historische Charakter der Anlage kann die Attraktivität für eine solche Nutzung erhöhen, umgekehrt macht diese Form der Nutzung das Baudenkmal für einen erweiterten Personenkreis erlebbar.
Bei den baulichen Maßnahmen steht die Verwendung von möglichst originalen Baumaterialien im Vordergrund. Besonders historische Ziegelsteine, Türen oder auch Bodenbeläge wie Sandsteinplatten oder Holzdielen. Diese werden z.B. über Vereine wie den Monumentendienst oder historischen Baustoffhandel recherchiert und beschafft.
Im Wohnhaus werden die Räume im EG durch einen L-förmig abgewinkelten Flur erschlossen, der Hauseingang liegt auf der Südseite. Das Wohnhaus ist größtenteils unterkellert.
Nach Westen orientieren sich die beiden großen Wohnstuben mit verzierter Ofennische, klassizistischen Fensterverzierungen und innenliegenden Klappläden.
Über dem ursprünglichen Wohnteil im Erdgeschoss liegen zwei Kornböden. Das 1. OG war teilweise für Wohnzwecke von den Kindern und der Großmutter genutzt.
Die beiden Wohneinheiten im Erdgeschoß werden mit zwei Treppen jeweils auf das 1. OG erweitert, dadurch soll der besondere Charakter des Kornbodens mit niedrigen Decken im Kontrast zu den herrschaftlichen Räumen mit ihren hohen Decken im EG innerhalb derselben Wohneinheit erfahrbar gemacht werden. Die ehemals dominierende landwirtschaftliche Nutzung des 1. OG als Kornboden wird hierfür aufgegeben.
Zusätzlich werden die Flächen des ehemaligen Hofladens sowie des Karnhauses saniert und zu zwei weiteren modernen Ferienwohnungen umgestaltet. Belange des Denkmalschutzes mußten hier nicht berücksichtig werden jedoch konnte alte Baumaterialien wie Deckenbalken wieder eingebaut werden.
Es wurde eine Fassadensanierung des Ziegelmauerwerks ausgeführt mit dem Einbau von neuen Blockrahmen-Schiebefenstern. Das historische Originaltürblatt im Vorderende konnte nach Aufarbeitung wieder eingebaut werden. Für den Hauseingang der Wohnung Schüür konnte ebenfalls ein historisches Türelement eingebaut werden.
Im OG wurden die Deckenbalken angehoben um eine angemessene Durchgangshöhe zu erreichen.
Der Deckenaufbau besteht aus einer Dieling, Schüttung und Dämmung.
Alle Außenwände wurden mit einer Innendämmung energetisch ertüchtigt, eine Wandfußheizung reguliert die aufsteigende Feuchtigkeit des Ziegelmauerwerks.
Die notwendigen Rückbauarbeiten wurden sehr substanzschonen ausgeführt. Im gesamten Erdgeschoß konnten die historischen Bodendielen wieder eingebaut werden. Die Fensterverkleidungen im Erdgeschoß wurden ebenfalls remontiert.
Passende historische Türblätter konnten über den Monumentendienst beschafft werden.
Die Decke über dem Erdgeschoß wurde vollständig erneuert um die Anforderungen des Brand- und Schallschutzes zu erfüllen.
Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Farbgestaltung gelegt. Es wurde eine farbhistorische Befundung durchgeführt und alle Räume im Erdgeschoß individuell gestaltet. Dadurch entstehen ein unverwechselbarer Eindruck und das Denkmal wird wieder erlebbar in seiner Einzigartigkeit.
Ulrike Adams und Jan Keydel