Schon seit meiner Kindheit faszinierten mich historische Gebäude und dabei vor allem die Häuser der arbeitenden Bevölkerung auf dem Lande, also eher die kleineren Strukturen: Bauernhäuser und ihre Nebengebäude, weniger die auffälligeren Großbauten wie Schlösser, Burgen und Kirchen.
Im Jahr 1968 geboren, konnte ich seit den 1970er Jahren schon sehr bewusst die großen Verluste überall auf dem Land miterleben. Wir lebten damals in Oberfranken in der Nähe von Hof (Saale), wo ich schon früher mit der Arbeit der Hausforscher Karl und Konrad Bedal in Berührung kam. Meine Großeltern väterlicherseits lebten im Odenwald, meine Großmutter mütterlicherseits in Ostfriesland und überall erlebte ich das gleiche Maß an rücksichtslosen Abbrüchen, an riesigen Verlusten der wertvollen und gewachsenen traditionellen Baukultur und den respektlosen Umgang mit dem überlieferten baulichen Erbe der Vorfahren.
Tief beeindruckt und beeinflusst von den Filmen, Dokumentationen und Reportagen von Dieter Wieland wusste ich bereits damals, dass ich mich beruflich für den Erhalt, die Weiternutzung und die sensible Restaurierung historischer Bauten einsetzen wollte.
So war schnell klar, dass ich Architektur studieren würde. Grundsätzlich war für mich immer klar, dass ich beruflich meinen Arbeitsschwerpunkt eher im Bereich des „Bauens im Bestand“ sehen möchte, als im Bereich des Neubaus. Ich habe dann während des Architekturstudiums eher umbaubezogene Entwurfsthemen für meine Studentenentwürfe gewählt und arbeitete konsequent neben den Studium als studentische Aushilfe in verschiedenen Architekturbüros, die sich eher mit den Themen des Bauens im Bestand beschäftigten..
Auch dort wurde mir deutlich klar, welches Potential im Umbau und in der Weiternutzung bestehender baulicher Strukturen steckt und vor allem, welche Bedeutung der Denkmalschutz hat. Neubauprojekte fand ich im Vergleich immer eher langweilig. Nach Abschluss des Studiums arbeitete ich fünf Jahre als angestellter Architekt in einem Kölner Architekturbüro, das sehr viele Umbauprojekte betreute.
Im Jahr 2003 begann ich dann zusätzlich Baudenkmalpflege zu studieren. Parallel zu diesem Studium machte ich mich selbständig und gründete mein eigenes Architekturbüro in Köln. Das Architekturbüro bestand bis zum Jahr 2021 sehr erfolgreich und ich betreute in dieser Zeit zusammen mit meinen Mitarbeitern sehr viele Denkmalobjekte unterschiedlichster Epochen und Größenordnung in Köln und Umgebung und auf der Nordseeinsel Spiekeroog.
Im Jahr 2021 schloss ich das Kölner Architekturbüro und wir verließen Köln, um an die Nordseeküste, nach Ostfriesland umzuziehen. Dort gehörte mir bereits ein älteres Wohnhaus auf der Insel Spiekeroog, das ich von meiner Großmutter übernommen hatte. Im Dorf Nesse, unmittelbar an der Nordseeküste, kaufte ich im Jahr 2017 ein sehr heruntergekommenes und verbautes Landarbeiterhaus des frühen 18. Jahrhunderts, das ich im Jahr 2018 mit viel Eigenleistung restaurierte.
Im Jahr 2019 kaufte ich das unmittelbar angrenzende Nachbarhaus, im Kern ebenfalls ein Landarbeiterhaus aus dem 18. Jahrhundert, das auch stark geschädigt auf den sicheren Abbruch wartete. Dieses Haus sanierte ich in den Jahren 2019 und 2020. Beide Häuser zusammen entwickelten nach Abschluss der Arbeiten zusammen eine so klare Ensemblewirkung, das sie auf ein großes öffentliches und mediales Interesse stießen.
Bedingt durch dieses breite öffentliche Interesse wurden uns sofort noch drei weitere leerstehende und verfallende Gebäude im gleichen Dorf zum Kauf, zur Rettung und zur Restaurierung angeboten - darunter das denkmalgeschützte Steinhaus zu Nesse, das uns als altes Pastorat des frühen 16. Jahrhundert verkauft wurde und das bereits seit 25 Jahren ungenutzt leer stand.
Weiterhin kauften wir das „Paradies“, ein seit 15 Jahren leerstehendes, sehr stark verfallenes Landarbeiterhaus des frühen 19. Jahrhunderts und sein Nebengebäude. Das Haus heißt übrigens „Paradies“, weil es ungefähr 1820 von Bauherren errichtet wurde, die Adam und Eva hießen … Der Name setzte sich dann im Volksmund bis heute fest.
Wir begannen, nach unserem Umzug im Juli 2021 von Köln nach Nesse, sofort im August 2021 mit der Restaurierung aller drei Häuser gleichzeitig.
Das Steinhaus (s.a. Wikipedia: Steinhaus (Nesse)) erwies sich als bauliche und historische Sensation, da es sich während der Restaurierung aufgrund von bauhistorischen Befunden, Quellen und Ergebnissen der Flurnamenforschung als die verloren geglaubte, mittelalterliche Häuptlingsburg des 14. Jahrhunderts entpuppte, das nach seiner Zeit als Burg über mehr als 400 Jahre als Pastorat genutzt wurde.
Das Steinhaus war für mich ein besonderes und sehr spannendes Projekt! Aufgrund seines extrem hohen Alters von fast 700 Jahren war es einerseits herausfordernd und natürlich „Neuland“ für mich! Einen derartigen „Dinosaurier“ hatte ich nie zuvor als Aufgabe! Anderseits war auch der jahrhundertelange Bezug des Steinhauses zu unserer Familie sehr spannend …! Seit 1620 lebten und arbeiteten bereits dreimal Vorfahren von mir als Pastoren im Steinhaus.
Wir fühlten und fühlen uns manchmal vom Haus und den Ahnen geleitet, die Wiederbelebung nach 25 Jahren Leerstand zu vollziehen … Wir konnten alle Häuser in der Umbauphase von 2021-2022 erfolgreich retten.
Das Steinhaus bewohnen wir selbst und unsere insgesamt vier
restaurierten Landarbeiterhäuser stehen nun als sehr authentische,
historische Häuser für Feriengäste zur Vermietung zur Verfügung.
Neben
meiner beruflichen Tätigkeit als Architekt und Baudenkmalpfleger in der
kulturhistorisch hochinteressanten Region Ostfriesland arbeite ich auch
ehrenamtlich in diesem Bereich. So baue ich zum Beispiel aktuell, in
Kooperation mit der Ostfriesischen Landschaft in Aurich, zusammen mit
vielen sehr namhaften Persönlichkeiten eine Arbeitsgruppe „Baukultur -
Kulturlandschaft“ für Ostfriesland auf.
Ich freue mich nun, als
Kontaktstelle der Interessengemeinschaft Bauernhaus für Ostfriesland,
einerseits auf die Möglichkeit der Kooperation verschiedener
Gruppierungen, die sich in unserer Region für den Erhalt der wichtigen
verbliebenen baukulturellen Zeugen unserer Vergangenheit einsetzen und
anderseits darauf, Menschen, die bei der Sanierung, dem Erhalt oder der
Restaurierung eines historischen Gebäudes Rat suchen, auch aufgrund
meiner beruflichen Qualifikation weiterhelfen zu können.
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