Ein Begleiter zu den Siedlungen im Landkreis Lüchow-Dannenberg von den Anfängen bis ins 19. Jahrhundert
Bis weit in die Neuzeit wurde in vielen Dörfern des (hannoverschen) Wendlands noch wendisch (slawisch) gesprochen. Quasi parallel dazu herrschte die Meinung vor, eine häufige, fast prototypische Dorfanlage der Region, der Rundling, sei eine slawische Siedlungsform – und auch heute noch ist diese Ansicht häufig zu hören.
Generationen von Wissenschaftlern war allerdings entgangen, das es diese Dorfanlage in den traditionellen slawischen Siedlungsgebieten überhaupt nicht gab. Es ist das Verdienst des Siedlungsgeografen Wolfgang Meibeyer, den Nachweis erbracht zu haben, dass der Rundling eine von der „Obrigkeit“ verordnete, mittelalterliche „deutsche“ Siedlungsform war, die jedoch nur wenige Jahrzehnte nach dem Wendenkreuzzug (1147) in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts „in Mode“ war.
Einer der führenden deutschen Kreuzfahrer war Heinrich der Löwe, und kurioserweise gibt es auch in seinen Stammlanden um Braunschweig Rundlinge und Wüstungen mit einer Rundlingsform. Die „ostfälische“ Region aber war zu keiner Zeit slawisches Siedlungsgebiet und so stellte sich auch die Frage, wie die Wenden nun ins Reich gekommen sein könnten. Da es für diese Ereignisse keine schriftlichen Quellen gibt, müssen zwangsläufig Indizien herhalten - und Meibeyer wird bei aller gebotenen Vorsicht recht deutlich und benutzt in seinen Schriften die Begriffe „Deportation“ und „Kriegsgefangene“.
Den deutschen Kreuzfahrern - vornehmlich Heinrich der Löwe und Albrecht der Bär – ging es also nicht nur um die (brutale) Verbreitung des Christentums, sondern auch, oder vielleicht sogar in erster Linie, um Binnen-Kolonisation. Auf jeden Fall haben sie sich und ihre Lokatoren aber nach der Gründung der Ortschaften kaum um die Christianisierung der Bewohner gekümmert – die Wenden blieben Heiden, meistens unbehelligt, aber auch mit minderen Rechten.
Im Vorwort seines Werkes „Rundlinge und andere Dörfer im Wendland“ schreibt Meibeyer (2000):
Nach nunmehr über 40 Jahren eigener beruflicher Forschungsarbeit an den dörflichen Siedlungen im östlichen Niedersachsen ist dieser kleine Band entstanden mit der Absicht, gerade auch nicht speziell fachlich Interessierte mit den Rundlingen und den übrigen Siedlungsformen im Wendland aus siedlungsgeographischer Sicht näher bekannt zu machen. Es geht ganz besonders um die Frage nach Entstehung und Alter dieser geheimnisumwitterten Dorfanlage sowie um ihre Beziehungen zu den Wenden.
Die Broschüre ist zweiteilig angelegt. Der erste Teil widmet sich allgemeinen Fragen um die Rundlings-Problematik, im zweiten Teil werden mehrere „Fallstudien” mit reichlicher Ausstattung an Karten und Grundrissen vorgestellt.
Wolfgang Meibeyer, 144 Seiten, 2005