Emailleschild am Haus einer IgB-Kontaktstelle © Interessengemeinschaft Bauernhaus

Außenstelle
Herzogtum Lauenburg und Stormarn

Da soll ich nun was schreiben, über mich, und wie ich zur Interessengemeinschaft Bauernhaus gekommen bin. Eigentlich beginnt das schon in meiner Kindheit.

Mein Elternhaus in Krukow, einem 150 Bewohner zählenden Dorf im Kreis Herzogtum Lauenburg, war das erste Nicht-Bauernhaus im Dorf. Mein Vater konnte das Grundstück dort nur erwerben, weil er Platt schnacken konnte und damit den Bürgermeister beeindruckte.

Es war ein Neubau, damals in den 1960er Jahren aus Kalksandstein gebaut - und mit Reet eingedeckt, um sich ein wenig an die Dorfstruktur anzupassen. Alle anderen Bauernhäuser waren auch mit Reet gedeckt, allerdings war es schon 20 Jahre später fast das letzte Haus unter Reet und auch die dörfliche Struktur hatte sich stark verändert. Die traumhafte Lindenallee durch das gesamte Dorf fiel der Motorsäge zum Opfer, weil bei einem Sturm drei Linden umgefallen waren. Viele Bauern hörten auf zu wirtschaften oder veränderten ihre Betriebe so, dass es immer weniger Betriebe gab und die anderen verbleibenden immer größer wurden. Das Dorf veränderte sein Gesicht gravierend.

Nach fast 30 Jahren Leben auf dem Land konnten meine Eltern sich dann den Traum eines eigenen alten Bauernhauses erfüllen und in Lehmrade ein Grundstück erwerben, auf dem ein 100 Jahre altes, aus roten Backsteinen gemauertes Bauernhaus stand. Dieses Haus, der Form nach ein Fachhallenhaus, sollte eigentlich zugunsten eines anderen, älteren Fachhallenhauses, abgerissen werden. Das zu translozierende Haus hatten wir zwei Jahre vorher in Schwarzenbek abgebaut.

Doch als wir uns nach vielen Wochen und Monaten durch die gesammelten Werke des Vorbesitzers gewühlt hatten, stellten wir fest, dass in diesem hundertjährigen Haus, welches wegen Einsturzgefahr baupolizeilich stillgelegt worden war, eigentlich seit der Erbauung kaum etwas verändert worden war. Die dazu gerufene Denkmalpflegerin sah zunächst keinen Denkmalwert des Hauses, bis auch sie feststellen musste, dass es solche Häuser ohne starke Veränderung auch zu der Zeit schon kaum noch gab.

Das führte dann zu der Entscheidung, beide Häuser auf dem Grundstück unterzubringen. Also wurde erst das 100-jährige Haus saniert und dann das 200-jährige Fachwerkhaus auf dem hinteren Teil des Grundstückes dazu gebaut. Ich hatte gerade frisch ausgelernt, war jetzt Zimmerer und wusste nun, wie Bauen geht! Doch ich wurde schnell eines Besseren belehrt.

In meinem weiteren Lebensweg machte ich zunächst mein Abitur, schloss daran den Zivildienst in einer Werkstatt für Behinderte an, wo ich in einer Landschaftspflegegruppe tätig war. Anschließend ging es ins Studium nach Lüneburg, wo ich Kulturwissenschaften mit dem Schwerpunkten Ökologie und Umweltbildung und Wirtschafts- und Sozialgeographie studierte. Schon während des Studiums machte ich mich selbstständig mit einem Reisegewerbe für Fachwerkzimmerei und Lehmbau in der Altbausanierung.

Durch die verschiedenen Fachwerksanierungen und auch private Gegebenheiten, wie die Geburt unserer drei Kinder, zog sich das Studium etwas hin, aber 2003 konnte ich es mit einem Magister abschließen. Allerdings konnte ich vom Handwerk nicht lassen, so dass ich überwiegend handwerklich tätig blieb. Zunächst sanierte ich eine Durchfahrtsscheune in Niendorf an der Stecknitz, die wir gegen Sanierung mietfrei bewohnen durften, bis wir dann endlich unser eigenes Haus in Seedorf am Schaalsee fanden und es sanieren und bewohnen konnten.

Das 200 Jahre alte Zwei-Ständer-Fachhallenhaus wurde aus Schwarzenbek nach Lehmrade transloziert © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Eric Janssen
Unser Resthof in Seedorf bei der ersten  Besichtigung © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Eric Janssen

Bei den Freilegungsarbeiten im vorderen Haus wurde überall Lehm gefunden, und meine Mutter und ihre Freundin Renata bestanden darauf, dass alles, wo Lehm gefunden wurde, auch mit Lehm saniert werden musste. Der Junggeselle Eric Janssen war natürlich ungeduldig und hatte ja gelernt, wie man in Windeseile eine Gipsplatte an der Decke anbringen konnte. Die beiden Alten (die waren damals jünger als ich jetzt) blickten jedoch abends zufrieden auf ihr Tagewerk, hatten sie doch ein paar Quadratmeter Lehmputz geschafft, von denen aber am nächsten Morgen ein Viertel wieder herunter gefallen war. Es fehlte einfach die Erfahrung. Damals gab es sehr wenige Menschen, die das Wissen über den Lehmbau weitergeben konnten. Doch bei der Interessengemeinschaft Bauernhaus wurde ein Lehmbaukurs angeboten. Den besuchten wir dann gemeinsam, so dass immer mehr Routine in die Arbeiten kam und später in der Lübecker Zeitung die Überschrift prangte: „Die Janssens sind im Lehmrausch“.

So wurde dann auch das hintere Haus ganz konsequent in Lehmbauweise wieder errichtet. Selbst die Verfugung der Außenwände wurde in Lehm hergestellt. Die Bedenken der männlichen Bauherrschaft wurden von der Frauenpower weggefegt mit den Worten: „Wenn die Lehmfugen auswaschen sollten, können wir sie immer noch mit Kalkmörtel verfugen“. Jedoch ist bis heute (fast 40 Jahre später) nichts ausgewaschen, lediglich die Mauerbienen sind willkommene Gäste und haben es sich in den Fugen gemütlich gemacht.

Der Resthof heute. Seit diesem Jahr mit Solar, was mir sehr schwer fiel, weil das Dach so schön war  © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Eric Janssen
Die Scheune beim Nachbarn. Alle Nachbarn meinten: Das kannst du nur zusammen schieben   © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Eric Janssen

Dieses Bauernhaus von 1897 war 1937 nach einem Blitzschlag niedergebrannt und dann, etwas vergrößert, wieder aufgebaut worden. Es besteht aus rotem Backstein, ist aber vom Aufbau her ein klassisches Zweiständerhaus mit Grot Dör und Stallteil auf der einen Seite und den traditionellen drei Kammern hinter einem Querflur auf der Straßenseite. Es war ziemlich heruntergekommen, hatte nach dem Brand ein Asbestschieferdach erhalten, und die Fenster und Türen waren ausgetauscht worden. Kurz gesagt, eine Schönheit war es nicht! Und außerdem kein Fachwerk, eigentlich also nicht ganz das, was wir eigentlich wollten. Allerdings war das Grundstück groß und bot viel Potential. So wurde also Hand angelegt, Kalkputz von den Wänden entfernt und alles mit selbst gemischtem Lehm aus der Kiesgrube im Nachbardorf verputzt, Fenster erneuert, Dach ertüchtigt und mit roten S-Pfannen, die bei einer Dachabdeckung geborgen werden konnten, neu eingedeckt. Zunächst wurde mit Zelluloseflocken und Holzfaserplatten und später mit Seegras gedämmt. Und nun war das Bauernhaus, welches wohl zu den hässlichsten Häusern des Dorfes gehört hatte, und von vielen für abrissreif gehalten wurde, wieder zu einem der schönsten Häuser des Dorfes geworden.

Beim Nachbarn stand eine Fachwerk-Durchfahrtsscheune, die direkt an unser Grundstück angrenzte und in einem erbärmlichen Zustand war. Noch bevor wir auch nur annähernd fertig waren mit der Sanierung unseres Hauses, gab es zu Weihnachten einen heftigen Sturm, der das Dach der benachbarten Scheune auf die Seite legte. Damit hatte meine Stunde geschlagen. Noch am selben Tage besuchte ich den Nachbarn und unterbreitete ihm den Vorschlag, dass ich die Scheune gern übernehmen würde. Am besten an dem Ort wo sie stand, mit etwas Grundstück dazu, aber notfalls auch zum Abbau.

Ersteres kam für den Nachbarn nicht in Frage, so dass die zweite Option die einzig mögliche blieb. Dazu musste auf unserem Grundstück eine andere marode Feldscheune weichen. Dann begann die Planung in enger Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege, denn dieses hatte in Aussicht gestellt, das trotz Translozierung ein Denkmalstatus für diese Scheune aus dem Jahr 1741 möglich sein sollte. Weil das Gebäude nur um 80 m versetzt wurde und in der Ausrichtung gleich blieb, wie alle Scheunen hinter den Höfen im Dorf, war dieses möglich.

Die Idee war, das Fachwerk nicht ganz auseinander zu bauen, sondern es wändeweise zu versetzen. Das war eine kleine Herausforderung, so etwas hatte ich auch noch nicht gemacht. Das längste Stück Schwelle war 11 Meter lang und noch mit einer ganzen Reihe von ausgeflochtenen Lehmgefachen, wohl aus der ursprünglichen Bauzeit, versehen. Diese galt es zu erhalten. Sie wurden mit Brettern und Spanngurten beidseitig gesichert.

Überschlägig hatte ich gerechnet, dass das Wandstück wohl etwa fünf Tonnen wiegen müsste – und der angefragt Autokran aus dem Dorf sollte genau fünf Tonnen heben können. Leider mussten wir dann feststellen, dass die Wand doch etwas schwerer war, denn der Kran piepte nur noch und weigerte sich, die Wand auf den Tieflader zu stellen. Ein größerer Teleskoplader aus dem Dorf übernahm dann die Arbeit des Krans, so dass schon wenige Stunden später die Wand an ihrem neuen Platz stand. Als das Fachwerk fertig war, wurden alle Wände mit Haselruten ausgeflochten und anschließend beidseitig mit dem ersten Lehmbewurf versehen. Das Reetdach wurde eingedeckt, und schon erstrahlte die Scheune, ein Dreiständerbau, in neuem Glanz. Heute befinden sich dort Pferdeboxen und zwei kleine Ferienwohnungen rechts und links von der Durchfahrt.

Unser letztes eigenes Projekt war dann ausnahmsweise kein ländlicher Bau, sondern ein winziges Haus auf der Lübecker Altstadtinsel. Dort hatten wir ein Gebot abgegeben und wurden per Losverfahren ausgewählt. Auch dieses Haus war in einem sehr schlechten Zustand, sollte eigentlich für eine Ordnungsmaßnahme dahinter abgebrochen werden, konnte dann aber doch erhalten werden.

Das Haus steht auf einem Grundstück von 35 Quadratmetern, die vollständig bebaut sind. Es hat neben dem Erdgeschoss ein erstes Stockwerk und ein Dachgeschoss, sowie eine Dach-
terrasse. Es steht traufseitig zur Straße. Nach den Freilegungsarbeiten stellte sich heraus, dass es im Erdgeschoss aus Backstein gebaut wurde und ab dem 1. Stockwerk eine Fachwerkkonstruktion hat. Das Baujahr ist bisher nicht bekannt, eine dendrochronologische Untersuchung steht noch aus. Allerdings sind die Mauern im Erdgeschoss sicherlich älter als die Konstruktion darüber. Beim Bodenaushub fanden wir in Zusammenarbeit mit den Archäologen drei übereinander liegende Feuerstellen.

Die Sanierung erfolgte sehr konsequent mit ökologischen Baustoffen, Innendämmung mit Holzweichfaserplatten mit Lehm angesetzt und anschließend 2-lagig mit Lehm geputzt, z.T. mit Wandheizung versehen. Die Innenwände sind aus Strohbauplatten gebaut und auch mit Lehm verputzt. Das Dach ist mit Seegras gedämmt, der Boden mit Foamglas.

Die Fenster sind in die alten Fensteröffnungen eingepasst und haben wieder die ursprüngliche Form erhalten, allerdings heute mit Isolierglas versehen, mit schmaler Sprosse, so dass die meisten Passanten erst einmal an Einscheibenverglasung denken. Bewohnt wird das Haus heute von jungen Menschen, die einen Freiwilligendienst in der Denkmalpflege machen. Und damit kommen wir zu meiner jetzigen beruflichen Tätigkeit.
Ich arbeite seit 12 Jahren bei der Jugendbauhütte Lübeck, wo wir das „Freiwillige Soziale Jahr“ in der Denkmalpflege organisieren. Meine Aufgabe dabei ist die des handwerklichen Anleiters für eine kleine Gruppe von 5 Freiwilligen. Mit diesen Freiwilligen arbeiten wir an unterschiedlichsten Projekten in Lübeck und Schleswig-Holstein. Aber dazu kann ich vielleicht in einem weiteren Artikel etwas schreiben.

Die Interessengemeinschaft Bauernhaus in den Kreisen Herzogtum Lauenburg und Stormarn wurde in den letzten Jahren von Anette Nasemann als Außenstelle betreut. Nun hat Anette vor einiger Zeit angekündigt, dass sie in Zukunft etwas kürzer treten möchte. Da ich mir wünsche, dass ihre Arbeit im Sinne des Erhalts alter Bauernhäuser fortgesetzt wird, habe ich mich bereit erklärt, sie zu unterstützen. Die Corona-Zeit hat die Aktivitäten der IgB etwas eingeschränkt. Jetzt hoffen wir, dass wir mit verschiedenen Veranstaltungen in der kommenden Zeit wieder etwas Schwung und eine neue Dynamik in die IgB der beiden Kreise bringen können. I

Die Scheune im neuen Glanz © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Eric Janssen

Kontakt

Eric Janssen
Dorfstraße 21
23883 Seedorf

Tel. 0177 2994 390

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Eric Janssen
Das Altstadthaus in Lübeck vor der Sanierung © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Eric Janssen
Das Altstadthaus in Lübeck nach der Sanierung © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Eric Janssen
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