Baden-Württemberg

Kusterdingen-Mähringen

Wohn-Stall-Haus, Restgebäude eines Dreiseitenhofs

Baujahr: 1682

Kusterdingen-Mähringen, Wohn-Stall-Haus, 2008 © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Stöttner
Kusterdingen-Mähringen, Wohn-Stall-Haus, nachher © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Stöttner

Nachdem mein saniertes Bauernhaus in Pfullingen nun schon ein paar Jahre bezogen war (s. Der Holznagel Heft 5/2021), begab ich mich auf die Suche nach einem weiteren sanierungsbedürftigen Gebäude in unserer Region. Zuerst hatte es mir ein ortsbildprägendes Gebäude in Mössingen-Öschingen angetan, doch erwies sich dieses nach verschiedenen Expertisen und reiflicher Überlegung als für mich bzw. uns zu aufwendig und nicht geeignet. Da gab mir ein leitender Mitarbeiter des Denkmalamts Tübingen den Hinweis, ich solle doch mal bei den Bürgermeisterämtern Kirchentellinsfurt und Kusterdingen anrufen, dort gäbe es doch mehrere Gebäude, die dringend saniert werden sollten. In Kusterdingen wurde ich fündig: für die Neckar-Alb-Str. 44 in Mähringen sei es "fünf vor zwölf", erzählte mir der Bürgermeister. Die Gemeinde wäre sehr glücklich, wenn sich jemand dieses historisch wertvollen Gebäudes annehmen würde.

Die Kaufverhandlungen mit dem bisherigen Eigentümer erwiesen sich dann als etwas schwierig, weil er zuerst keinen Zentimeter vom dazugehörigen Grundstück mitverkaufen wollte, was für uns aber inakzeptabel war. Sollten wir etwa nur per Übergangsrecht zur Haustür gelangen können? Letztendlich konnte ihn der Bürgermeister dazu bewegen, sich wenigstens vom kleinen Gärtchen vor dem Haus und ein paar Quadratmetern dahinter zu trennen. Also kam der Kauf 2008 zustande.

Bei diesem Gebäude handelte es sich um ein schon lange unbewohntes, unter Denkmalschutz stehendes Wohn-Stall-Haus, wahrscheinlich um das Restgebäude eines früheren Dreiseitenhofs aus dem Jahr 1682. Sein Zustand war desolat, wobei der Voreigentümer noch einiges dazu beitrug, um es vollends abbruchreif zu bekommen. So hatte er z. B. Betonfarbe auf die Fachwerk-Innenwände geschmiert. Größere Teile des maroden Westgiebels lagen im Garten, offene Teilflächen des Daches ließen bereits eine üppige Vegetation auf dem Gebälk zu, die Begehbarkeit des Gebäudes war stark eingeschränkt.

Also begannen wir mit den Vorarbeiten des Restaurierung. Dabei traten seine bauhistorischen Besonderheiten immer mehr in den Vordergrund: eine mit Verzierungen versehene, aber ohne Ofen ausgestattete sog. "Sommerstube" im ersten Stock, deren historische Bedeutung unklar ist, eine Keilstufentreppe, Drehzapfentüren, und Vieles mehr. In der Wohnstube dann die Entdeckung: Nach Abnahme der Stabfelderdecke (laut Bauforscher T. Marstaller: deutlich vor 1800 datiert) eine rußgeschwärzte bauzeitliche Bohlenbalkendecke und nachweisbare Fenstererker.

Dank unserem erfahrenen Denkmal-Architekten, Herrn Wolfgang Bloos, Kirchheim, den Firmen Holzbau-Renz, Pfullingen, Stuckateurbetrieb B. Adolf, Wernau, diversen Restauratoren und Handwerkern und natürlich immer in Abstimmung mit dem Denkmalamt Tübingen, v. a. Herrn Dr. Kolb, ist uns in der Bauzeit von zwei Jahren die denkmalgerechte Sanierung dieses Gebäudes gelungen. Dabei haben wir auch energetisch den neuesten Standard erreicht: durch eine Tiefenbohrung mit Wärmepumpe und einem Kachelofen ist dieses Gebäude von fossilen Energieträgern unabhängig.

Das Gebäude ist seit 2010 vermietet.

Brigitte Stöttner