Nordrhein-Westfalen

Iserlohn, Märkischer Kreis

Hof Stamm 1751 – niederdeutsches Hallenhaus und Nebengebäude

Baujahre: 1751, 1884, 1899, 1900, 1905

Iserlohn, Hof Stamm © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Christian Wilhelm

Im Jahr 2013 habe ich diesen Resthof erworben. Die verschiedenen Wohnungen und Garagen waren seit Jahrzehnten vermietet und sind es noch, aber Schäden an Dach und Fachwerk hatten zugenommen und umfangreiche Modernisierungen standen aus. In 10 Jahren ist einiges passiert, aber es stehen immer noch einige wichtige Dinge an. Es braucht eben seine Zeit oder auch noch länger.

Mich begeisterten von Anfang an einige bauzeitliche oder ältere erhaltene Details und ihre Patina, die Spuren von alter Nutzung und Veränderung, sowie die Lage am Orts- und Waldrand. In den Details und Fotos gebe ich ein paar Einblicke. Auch habe ich mich seitdem intensiv mit der Hofgeschichte und der älteren Familien-, Industrie- und Ortsgeschichte beschäftigt. Es ist wie ein Puzzle oder Detektivspiel, das mir Spaß macht und bei dem es immer wieder Neues zu entdecken gibt.

Die denkmalrechtliche Unterschutzstellung habe ich selbst gewünscht, nahm Kontakt mit dem LWL in Münster und mit der lokalen Behörde auf. Der Grund war nicht nur der Schutz, das Bewahren wollen, sondern auch die höhere, wenn auch kürzere steuerliche Berücksichtigung der denkmalrechtlich genehmigten Sanierungsaufwendungen der ersten 3 Jahre, also die Regelung zu den „nachträglichen Anschaffung- und Herstellkosten“. Erst dadurch ist der sehr hohe Aufwand wirtschaftlich tragbar geworden.

Herausfordernd sind die Planung und Durchführung von Arbeiten. Ein Altbau fordert einen da sehr, Bauen im Bestand ist komplex. Handwerker kommen in der Regel mit abgegrenzten Gewerken, klaren Aufträgen und Aufgaben zurecht. Die müssen aber erst einmal umrissen sein. Von wem? Kann man eine komplexe Aufgabe wie die Instandsetzung einer Außenwand mit allem Drum und Dran nicht an einen geeigneten Unternehmer vergeben, so muss man notgedrungen die gesamte Koordination und die vielen Nebenarbeiten selbst persönlich übernehmen. Das kann klappen, wenn man sich intensiv reinarbeitet, oder eben auch nicht so gut und Lehrgeld, Zeitverzug und Enttäuschungen wird es geben.

Im Folgenden versuche ich einige Details aufzuzeigen.

Ich freue mich über jede Kontaktaufnahme zum Austausch, erreichbar bin ich unter email.wilhelm@gmx.de und 0152-34343953.

Haupthaus

Ältestes Gebäude ist das Haupthaus von 1751 (i), ein niederdeutsches Hallenhaus in Vierständer-Bauweise von 20 mal 12 Meter Größe. Es wurde in einem Bachtal am Rande einer Hangrodung errichtet, wohl zur Zeit einer Ausweitung der Metallverhüttung und -verarbeitung im Tal des Grüner Bachs, im Ortsteil Grüne der Stadt Iserlohn in der Grafschaft Mark.

Es ist völlig schmucklos verzimmert, selbst die hier in der westlichen Hellwegregion auch auftretenden Andreaskreuz-Bänder oder hohe lange paarige Kopfband-Reihen fehlen. Jedoch schmückt ein eindrucksvoller Haussegen den Deelentor-Riegel: „Jesu wohn in meinem Haus…“, entnommen als „Ein christlicher Haussegen“ aus “Himmlischer Weyhrauch-Schatz“ einem evangelisch-reformierten Gebetbuch des Schweizer Pfarrers Johannes Zollikofer von 1691.

Im Inneren zeigt sich die Deele mit deutlich ablesbaren Spuren von Pferdestall, Knechtkammer-Aufgang, Kuhnackenriegeln mit Fischgrat-Kleinpflaster, Kalksteinplatten und älterem Tor recht unverändert.

Iserlohn, Hof Stamm, Deelentor mit Haussegen © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Christian Wilhelm

Die Wohndiele dahinter als ehemalig zentraler Raum zeigt bauzeitliche Wandklappen und Wandschränke und durchweg Kassettentüren mit Fasen und Zierbändern. Die vergrößerten Fenster um 1850 mit Espagnoletteverschlüssen sind hier erhalten. Unterfangungen und Überzüge sowie der spätere Schornsteinzug deuten trotz neuerer Zwischendecke auf eine frühere hohe Küche mit offenem Herdfeuer an dieser Stelle hin.

In der ehemaligen guten Stube haben sich farbige Wandfassungen und Schablonenzier um 1910 sowie ein bauzeitlicher Wandschrank erhalten. Die Raumaufteilung ist recht ursprünglich, jedoch ohne durchgehende Kammerfachwand und Lucht, sondern im Schnitt großzügig zu Gunsten des Wohnraums. Im Erdgeschoß 245+ cm, im Obergeschoß um 200 cm Kopfhöhe.

  • Nachdem 2013 die Dachkehlen repariert, kleine Anbauten abgerissen und ein Baum an der Hauswand gefällt wurde, erfolgte 2014 die erste wichtige Hälfte der Fachwerkreparatur. Damit wurde die Sanierung und Umnutzung im Inneren vorbereitet und weitere Ausweitung von Schäden durch Wasser gestoppt

  • Erst nachdem der Pferdestall (siehe dort) und ein Teil des Haupthauses zu einer vergrößerten Wohnung umgenutzt wurde, erfolgte die Arbeit an der Hauptwohnung: 2022 begann die Sanierung des Außenfachwerks, der Grundmauern und Austausch einiger Fenster als Voraussetzung für die technische Sanierung im Inneren

  • Technik: Grundmauern und Fachwerk in Stand gesetzt, mit Leichtlehmsteinen, Kalkputz und Silikatfarbe fertig gestellt. Im Inneren Dämmung mit Holzweichfaserplatten in Lehmputz. Herkömmliche Heizkörper an Brennwertgasheizung. Einige Fenster aus den 1950er Jahren gegen Holzfenster ausgetauscht. Bad und Küche erneuert.

  • Es wartet noch: Die fünf ältesten Fenster um 1850 erhalten Instandsetzung und Vorsatzscheibe auf dem Flügel. Die oberste Geschoßdecke im Kaltdach soll gedämmt werden. Das mit Faserzement eingedeckte Dach ist dicht, aber braucht irgendwann eine Neueindeckung.

Backsteinscheune 

Eine große Backsteinscheune von 1884 (i) wurde an der Hangseite direkt an den Stallteil des Hautgebäudes angebaut und die Wand so durchbrochen, dass ein größerer Stallbereich für Rindvieh und Pferde entstand, der im Wesentlichen erhalten ist. In drei weiteren hofseitigen Zonen sind Wagenremisen und ein Kleinstallbereich untergebracht gewesen, in der größten Zone als Durchfahrt hinter die Scheune. Die 23 Meter lange und 11,5 Meter tiefe Dachkonstruktion besteht aus einem Pfettendach mit 3 Zangen auf und über den inneren Trennwänden. Ursprünglich mit Hohlpfannen mit Strohdocken gedeckt.

  • Ein großer Schaden an einer der Zangen bzw. deren Auflager wurde von fleißigen Zimmerleuten und einigen Winden und Stützen wieder hochgedrückt und dann darunter neu abgefangen. Dann konnte das Dach neu eingedeckt werden. Eindeckung mit Hohlfalzziegeln mit einer guten Optik als moderner Kompromiss.

  • Es wartet noch: Instandsetzung hintere Durchfahrt, First und Neueindeckung auf der Hofseite, Mauerschäden und Fugen sowie die Tore.

Pferdestall 

Ein Pferdestall (um 1899) in Fachwerkbauweise wurde in den Zwickel zwischen das Haupthaus und einen freistehenden Schweinestall mit Kornbühne (um 1884) in Backsteinbauweise gebaut. Auch hier wurde die Haupthauswand durchbrochen, um den Stallraum zu vergrößern. Später ab 1945 teilweise Umbau zu Wohnraum. Das Wasser vom Dach einer Milchkammer (um1930), als Anbau errichtet, führte zu schweren Schäden am Fachwerk.

  • Um die erforderliche Sanierung auch wirtschaftlich stemmen zu können, kam es 2014/15 neben den Reparaturen an den Außenwänden, Grundmauern und dem Dach im Inneren zu einer bauantragspflichtigen Umnutzung: Der Pferdestall im Erdgeschoß, die Ein-Zimmer-Wohnung im Obergeschoß und ungenutzte Räume wurden zu einer größeren Wohnung mit 5 Zimmern und 110 m² zusammengefasst. Küche, Duschbad, WC und Treppe wurden modern eingebaut. Neue Holzfenster mit Stulp, Sprossenteilung und Wasserschenkel plus zwei Terrassenausgangstüren haben eine gute passende Optik.

  • Technik: im Erdgeschoß ca. 20+ cm Schaumglasschotter als Dämmschicht unter Fermacell, Wandheizung auf Holzweichfaserplatte in Lehmputz, Kalkputz auf Ziegel, Anstrich mit Silikatfarbe bzw. rote Trasskalkmörtel-Fuge bei sichtigem Ziegel. Gasbrennwertherme mit weiteren Heizkreisen zum Anschluss der anderen Wohnungen. Weiterhin Kaltdach mit Dämmung der obersten Geschoßdecke.

  • Es steht noch an: die dritte Wohnung im ehemaligen Schweinestallgebäude daneben umfassend zu sanieren und das Dachgeschoss evt. mit einzubeziehen. Der erweiterte Wohnraum hat dann rund 70 m².

Iserlohn, Hof Stamm, Pferdestall und Hauseingang © Christian Wilhelm, Interssengemeinschaft Bauernhaus
Iserlohn, Hof Stamm © Christian Wilhelm, Interessengemeinschaft Bauernhaus

Remise

Eine Remise (um 1901) in Holzständerbauweise, etwa 8 mal 11,5 Meter groß, mit zwei großzügigen Garagen, hat eine gute Verwendung als vermietete Hobbywerkstatt. Die Konstruktion aus stark dimensioniertem, zweitverwendetem Eichenholz trägt ein flaches Nadelholz-Satteldach, das durch einen Kniestock im Dachgeschoß noch guten Nutzraum bieten könnte.

  • 2021 wurde die Bodenplatte in der Remise in Stahlbeton verstärkt, weil zu starke Feuchtigkeitseinträge von unten die Nutzung beeinträchtigten. Auch wurde die Holzverschalung der Außenfassade repariert und vorbildgerecht ergänzt.

  • Und das steht noch an: das Dach, mit Doppelmuldenfalzziegeln gedeckt, ist undicht und braucht eine Menge Eimer, damit alles aufgefangen wird. Es muss neu gedeckt werden und der hintere Aufgang muss verbessert werden.

Eine Schmiede (um 1905) in Fachwerkbauweise mit ca. 6,5 mal 5 Metern Größe wurde in Nadelholz errichtet und halbsteinig mit Backstein ausgemauert. Ein sehr einfacher Bau. Nur noch wenig Originalsubstanz ist vorhanden, allerdings ausreichende Dokumentation für eine gute Sanierung als wichtigen Teil des Hofensembles.

  • Hier wurden nur Sicherungsarbeiten durchgeführt und 2013 Anbauten beseitigt.

  • Als möglicherweise letztem Gebäude könnte hier eine umfassende Sanierung erfolgen: Grundmauern, Fachwerk, Dach, Wiedereinrichtung als Schmiede. Es hat eine handliche Größe. Das muss aber noch warten.

Christian Wilhelm - IgB-Kontaktstelle Bad Vilbel