Baden-Württemberg

Illingen-Schützingen

Fachwerk-Hakengehöft mit Wohnhaus, Schopf und Scheune; als Ensemble denkmalgeschützt

Baujahr des Wohnhauses um 1650, mittelalterlicher Kern

Illingen-Schützingen, Fachwerk-Hakengehöft, vorher  © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Luise Lüttmann und Manfred Schmidt-Lüttmann
Illingen-Schützingen, Fachwerk-Hakengehöft, nachher © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Luise Lüttmann und Manfred Schmidt-Lüttmann

„Des Glump g`hert abg`rissa“ war der wohlmeinende Rat eines Nachbarn, als wir 1996 mit der Restaurierung des Anwesens in dem 900-Seelen-Dorf Schützingen begannen, dessen historischer Ortskern zu den besterhaltenen in Baden-Württemberg zählt. Doch unbeirrt von diesen Äußerungen legten wir das Fachwerk des direkt gegenüber der Kirche und damit an der exponiertesten Stelle dieses schönen Ortes liegenden Hauses frei, das wohl 100 Jahre lang ein Schattendasein unter dickem Putz fristete.

Über die Baugeschichte ist insgesamt nur wenig bekannt. Der vor Baubeginn eingeschaltete Restaurator vermutet den ursprünglichen Bau im 15. Jahrhundert. Er datiert starke Veränderungen in die Mitte des 17. Jahrhunderts (u.a. Holz in Zweit- und Drittverwendung) sowie Fenster- und Türumbauten gegen Endes 19. Jahrhunderts und um 1960 (u.a. querliegende Fenster). Dank der Schützinger Bild-Chronik (Gienger 2001) ist allerdings bekannt, wer das Haus um 1650 umbaute. Es waren die protestantischen Glaubensflüchtlinge Georg und Maria Aschinger aus Oberösterreich, die kurz nach den 30jährigen Krieg nach Schützingen kamen. Sie sind die Vorfahren der Berliner Gastronomendynastie Aschinger, die vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in den Zweiten Weltkrieg mit Schnellrestaurants sehr erfolgreich waren.

Nach Entfernen des Putzes konnte der Befund präzisiert werden. Die größten Schäden wies die Westseite des Hauses auf; sie war in der Mitte bis zu 70 cm abgesunken. Mehrere Balkenköpfe der Decke zwischen EG und OG waren abgefault, die Balkenenden hingen hier frei in der Luft. Ansonsten zeigte sich ein weitgehend intaktes, schlichtes und wohlproportioniertes Fachwerk. Im Innern beließen wir die kleinteilige Raumaufteilung.

Es war uns wichtig, eine denkmalgerechte Sanierung durchzuführen, die gleichzeitig modernen ökologischen und bauphysikalischen Standards genügt. Dazu gehörten die weitestgehende Erhaltung der vorhandenen Bausubstanz, die Wiederverwendung historischer Baustoffe sowie die Verwendung traditioneller und ökologischer Baustoffe wie Strohlehm und Holzleichtlehm, Leinöl- und Kaseinfarben sowie Lehmputz. Wir installierten den damals modernsten Scheitholzvergaserkessel und minimierten den Energiebedarf durch Wärmedämmung mit Holzleichtlehm und Zellulose-Einblasdämmung. Den Trinkwasserbedarf konnten wir durch Anschluss sämtlicher Dachflächen des Anwesens an eine zentrale Regenwasseranlage drastisch reduzieren. Für unsere Bemühungen erhielten wir 2001 vom Bund für Heimat und Umwelt (BHU) einen Bundespreis „Energiesparen in Baudenkmälern“. Das EG wird als Büro genutzt, OG und DG dienen als Wohnraum.

Nach dem Wohnhaus wurden auch die Scheune und der Schopf saniert und auf der Fläche eines vor vielen Jahrzehnten abgerissenen Hauses ein Bauerngarten angelegt.

Dankbar sind wir für die gute Zusammenarbeit mit den Denkmalbehörden, den Gebietsreferenten des Landesamtes für Denkmalpflege und der Gemeinde Illingen während der gesamten Sanierungsphase.

Von Nachbarn und Passanten erhalten wir inzwischen viel Anerkennung für das Ensemble.

Luise Lüttmann & Manfred Schmidt-Lüttmann – Außenstelle Kraichgau-Stromberg

Illingen-Schützingen, Fachwerk-Hakengehöft, Bauphase © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Luise Lüttmann und Manfred Schmidt-Lüttmann
Luise Lüttmann und Manfred Schmidt-Lüttmann