Als ich - noch während meines Architekturstudiums in Darmstadt - im Jahre 1982 ein Vogelsberger Einhaus von 1720 erstand, wurde ich von meinen KommilitonInnen milde belächelt. In den Semesterferien aber kamen sie mit mir auf das größte zusammenhängende Vulkangebiet Mitteleuropas, erfreuten sich am Lehmstampfen, mischten mit Begeisterung die Kaseinfarben an und verstrichen die dunkelrote Fußbodenfarbe. Nach 40 Jahren ist diese Freude an alten Häusern lebendiger denn je, die damaligen Helfer sind gewichen und neue hinzugekommen, auch neue Häuser.
Mein ältestes Haus ist ein Fachwerkhaus aus dem Jahre 1449 im 2. Stadtring von Herbstein, das vor dem Abriss bewahrt wurde und dass ich sehr vorsichtig restauriere, denn das innere Leben des Hauses ist noch nicht erloschen. Sehr viel Spaß macht die Sanierung eines Bauernhauses von 1697 in Lautertal-Dirlammen mit großem Nutzgarten, bei dem ich die verschiedenen Zeitschichten auch in der Einrichtung / Installation nebeneinander belassen werde - wie in einer baugeschichtlichen Galerie.
Das nächste in der Reihe ist eine dreigeschossige „Haus-Spolie” von 1700, Teil eines ehemaligen Schlosses aus dem fuldischen Buttlar, das 1830 nach Bad Salzschlirf versetzt wurde. Durch die geringen Raumhöhen von 1,60 bis 1,80 m (man hat aus den hohen Geschossen zwei gemacht) ist es kaum nutzbar und fristet sein Dasein als städtebauliches Unikum.
Last but not least habe ich im Jahre 2000 zusammen mit einem Kollegen eine aus Basaltsteinen gebaute Dampf-Molkerei erworben, die im Jahre 1910 in der höchst gelegenen Stadt Hessens, in Ulrichstein, erbaut wurde. Das ganze Anwesen hat mich sofort fasziniert, weil es mit dem mächtigen Backsteinturm wie eine große Dampfmaschine aus Blech wirkte. Deren Gelände wird heute für künstlerische und kunsthandwerkliche Aktivitäten genutzt.
Es freut mich immer wieder, mit der IgB-Gruppe im Vogelsberg Aktionen
zu starten, die über den Tellerrand der Kernkompetenz des IgB
hinausgehen, z.B. künstlerische Installationen auf unseren Ständen, wie
z.B. das Ein-Euro-Haus, Produktionsvorführungen der Leinölgewinnung oder
Beteiligung an örtlichen Volksfesten usw. Damit werden auch Menschen
für das Thema begeistert, die nicht in erster Linie alte Häuser
restaurieren wollen.
2014 gestartet, hat Margarete Ridder unsere
muntere Truppe, die jährlich den „Tag des Vogelsberger Denkmals” in
immer anderen Orten der Region inszeniert, unermüdlich ermuntert und
zusammengeführt, sodass sie (an mich) ein wohlgeordnetes Haus übergibt.
Michael Josef Ruhl, Juli 2021