Wardenburg-Westerburg, Niederdeutsches Hallenhaus, © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Sven Rathjen

Ein Niederdeutsches Hallenhaus in Wardenburg-Westerburg

Annekatrin Reißauer und Sven Rathjen begeisterte von Beginn an der weitgehend originale Zustand ihres Bauernhauses am Rande der Wildeshausener Geest nahe der Hunte.

Weil das Backsteingebäude aus der Zeit um 1900 lange unbewohnt, aber noch in gutem Zustand war, wollten sie so wenig wie möglich daran verändern. Das gilt für die Bausubstanz genauso wie für Dinge, die alt waren aber noch gut funktionierten, zum Beispiel die Gastherme.

Während der Sanierung entwickelte sich im Freundeskreis ein kleines Baustellennetzwerk, das sich bei einzelnen Arbeiten gegenseitig unterstützte und außerdem Werkzeuge, Baumaterialien sowie Wissen und die Fertigkeit handwerklicher Techniken untereinander austauschte. Das Paar ließ sich beibringen, wie man Sumpfkalk und Kalkputze herstellt. Fensterfugen stopften sie mit Hanfwolle und Kalkmörtel aus mit dem Ergebnis, dass der Schallschutz nun besser ist, als er bei der Verwendung von industriell hergestelltem Bauschaum gewesen wäre. Alte Klinker, Deckenbalken und historische Wandfliesen, sogar ein altes Waschbecken vom Speicher wurden wiederverwendet. Eine besondere Ästhetik geben die Wände den Wohnräumen, da unter alten Tapeten schöne Farbanstriche zum Vorschein kamen. Die Farbpartien beließen die Hausbesitzer so, wie sie sich erhalten hatten, während sie Fehlstellen mit Kalkmörtel ausbesserten.

Wardenburg-Westerburg, Niederdeutsches Hallenhaus, © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Sven Rathjen
Wardenburg-Westerburg, Niederdeutsches Hallenhaus, © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Bernd Kunze
Wardenburg-Westerburg, Niederdeutsches Hallenhaus, Deele nach der Sanierung © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Bernd Kunze

Rückblickend sagen Annekatrin Reißauer und Sven Rathjen, dass sie in der Gemeinschaft ihres kleinen Baustellennetzwerks Dinge bewältigten, für die sie alleine nicht die Kraft gehabt hätten. Und dass sie durch die schönen Ergebnisse für die unzähligen Stunden, die zuvor daran gearbeitet wurde, versöhnt worden seien.

Es ist bemerkenswert, dass zu den geringen Anschaffungskosten für das unsanierte, unbewohnte Haus in Wardenburg Instandsetzungskosten kamen, die unter 100.000 Euro blieben. Der höchste Posten dieser Summe ist übrigens der Austausch von Kunststofffenstern gegen Holzfenster. Damit setzt das Paar ein Signal! Es beweist, dass es möglich ist, ein regionaltypisches und landschaftsprägendes Baudenkmal zu erwerben und zu sanieren und dabei weniger Geld zu investieren, als für einen Neubau notwendig gewesen wäre.

Annekatrin Reißauer und Sven Rathjen wurden im Jahr 2018 mit dem Julius-H.-W.-Kraft-Preis ausgezeichnet.

Wardenburg-Westerburg, Niederdeutsches Hallenhaus, Deele vor der Sanierung, © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Sven Rathjen
Wardenburg-Westerburg, Niederdeutsches Hallenhaus, Kamin nach der Sanierung, © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Bernd Kunze
Preisverleihung in Wardenburg mit Stefan Effenberger, Denkmalpfleger im Landkreis Oldenburg, Sven Rathjen, Annekatrin Reißauer, Jurymitglied Dr. Volker Gläntzer und Heinz Riepshoff, Laudator und IgB-Landesbeauftragter für Niedersachsen (v. l. n. r.), © Interessengemeinschaft Bauernhaus, Bernd Kunze

Litertur:

Ricker, J.: „Preisgünstig und nachhaltig instandgesetzt“, Der Holznagel - Zeitschrift der Interessengemeinschaft Bauernhaus 4/2018, S. 64ff
Winters, R.: "Ist die Revitalisierung historischer Bauernhäuser/-höfe eine Alternative zum Neubau?“, Abschlussarbeit zur Erlangung des Grades Master of Arts an der EBZ Business School, Bochum 2019